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Chaos Walking – Rezension

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In Todd Hewitts Welt gibt es nur eine Stadt, und das ist Prentisstown.

In der dystopischen Welt von Prentisstown verursacht ein Bazillus, dass die Gedanken aller Männer als sogenannter „Lärm“ zu hören sind – ebendieser Bazillus war es auch, der alle Frauen des Orts das Leben kostete, darunter auch die Mutter von Todd. Und Todd ist der letzte Junge seiner Stadt, in einem Monat wird auch er in der Gemeinschaft von Prentisstown als Mann gelten. Da trifft er plötzlich in der Wildnis auf ein Mädchen.

Von diesem Moment an wird Prentisstown für ihn zu einem Ort des Schreckens. Wurde er sein ganzes Leben lang angelogen? Doch wie ist das möglich, wenn jedermann die Gedanken aller anderen hören kann? Todd kommt einem schrecklichen Geheimnis auf die Spur, und ihm bleibt keine andere Wahl als die Flucht und alles hinter sich zu lassen, was er bis dahin kannte.

Neuerscheinung? Neuauflage.

Chaos Walking von Patrick Ness ist der erste Teil der gleichnamigen englischsprachigen Trilogie. Im Original hieß der erste Band „The Knife of Never Letting Go“ und wurde nun verfilmt, mit Tom Holland und Daisy Ridley in den Hauptrollen. Der Film wird – nach derzeitigem Plan, auch wenn im Moment in solchen Dingen bekanntlich viel Bewegung drin ist – am 4. März in die deutschen Kinos kommen.

Die Buchvorlage der Dystopie erschien 2008, erhielt viele Auszeichnungen und wurde damals schon vom Ravensburger Verlag unter einem anderen Titel auf deutsch veröffentlicht. Mittlerweile sind die Bücher jedoch nur noch antiquarisch erhältlich.

Zur Verfilmung brachte cbj Jugendbuch nun eine neue Ausgabe heraus, auf die ich aufmerksam geworden bin. Der Verlag plant, auch die beiden folgenden Bücher der Trilogie zu veröffentlichen – doch wie gefiel mir überhaupt der erste Teil?

Gedankenchaos

Chaos Walking ist wie geschaffen, um es in einem Zug durchzulesen – dabei hat es mich nicht einmal von Anfang an gepackt! Das erste Kapitel wirkt zunächst noch etwas steif und distanziert, es braucht ein bisschen, um sich als Leser an den Erzählstil zu gewöhnen. Ab dem zweiten Artikel fing ich jedoch nicht nur an, durch die Seiten zu fliegen, sondern auch, den Wert des Erzählstils zu erkennen.

Todd Hewitt ist in Chaos Walking der Erzähler – und obwohl ich nicht immer ein Freund der Ich-Erzähler bin, ist dieses Buch wie geschaffen dafür. Todd hat einen besonderen Erzählstil: locker, auf eine nicht unangenehme Weise unflätig und dabei sehr emotional und ganz ganz nah dran an der Handlung. Durch ihn als Erzähler ist es möglich, eine enge Bindung zu der Handlung aufzubauen.

Der Autor Patrick Ness nutzte dabei nicht nur einfache Sätze, er ging viel weiter, und baute Zeilenumbrüche und geschickt gesetzte Wiederholungen ein – ein Poetry-Slam auf fünfhundert Seiten, aber diese Beschreibung trifft es noch nicht ganz. Immer wieder tauchen Doppelungen der Gedanken auf, eher wie Litaneien, die beim Lesen ein bedrückendes Gefühl auslösen, das perfekt zum Lärm selbst passt.

Lärm

Der Lärm, eines der zentralen Elemente dieser Dystopie, ist wie eine Wolke aus Gedanken, die gleichermaßen Emotionen, Gedankenfetzen und Überlegungen nicht nur von Menschen, sondern auch von Tieren preisgeben. Das ist keineswegs praktisch, sondern im Gegenteil eine große Belastung. Um diese Flut von Eindrücken auch visuell zu vermitteln, die durch den Lärm auf alle Menschen eindringt, hat Randomhouse bei der Buchgestaltung keine Mühen gescheut.

Zunächst hatte ich meine Zweifel, da der Lärm im Original „Noise“ heißt und die Bezeichnung auf englisch deutlich cooler klingt als auf deutsch. Doch andererseits ist der Lärm für die Menschen von Prentisstown etwas sehr Ursprüngliches und Bekanntes, also nichts, dem man typischerweise einen Namen in einer anderen Sprache geben würde. Im Gegenteil, ein englischer Name hätte an dieser Stelle vielmehr gestört.

Ästhetik

Was an Chaos Walking sehr auffällig ist: Patrick Ness hat es nicht nötig, zu übertreiben. Er erzählt mit Chaos Walking die Geschichte einer atemberaubenden Flucht, die zugleich geradlinig und unvorhersehbar ist. Seine Welt ist düster genug, er braucht keine schillernden Helden, keine Wundermittel und auch keine immer schrecklicheren Feinde, sondern er erzählt einfach seine Geschichte so, dass sie ästhetisch passt. Und das hat mir sehr gefallen.

Nach diesem Erlebnis bin ich höchst gespannt auf die Verfilmung – über die ich vielleicht auf meinem Blog berichten werde – und noch mehr auf die nächsten Bände der Chaos Walking-Trilogie. Der zweite Band trägt im Original den Titel „The Ask and the Answer“ – wie er auf deutsch heißen wird, das wird sich noch herausstellen müssen.


Auf Spotify habe ich eine Playlist zu „Chaos Walking“ erstellt, diese findet ihr hier: Chaos Walking-Playlist.

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