Wie gelingt eine gute Buchverfilmung? Eine Frage, an der viele Filmprojekte gescheitert sind. Meist geht man als Fan dann doch ins Kino, obwohl die Bewertungen schlecht sind, doch die Antwort auf die oben genannte Frage ist nicht so eindeutig, wie sie zunächst scheint – was die gemischten Ergebnisse vergangener Buchverfilmungen widerspiegelt. Darum habe ich mir einmal erfolgreiche Romanverfilmungen näher angesehen, wie Babylon Berlin, Harry Potter, James Bond, Tribute von Panem und Herr der Ringe.
Ein Roman ist ein bedeutend anderes Format als ein Kinofilm. Der wichtigste Unterschied ist die Länge, was bedeutet: ein Kinofilm kann bei einem durchschnittlichen Roman gar nicht anders, als zu kürzen. Dadurch wird die Geschichte oft rasanter und die Twists haben weniger Zeit, um sich zu entwickeln. Doch was bei Babylon Berlin gemacht wurde, war keine Kürzung, sondern eher eine Umschreibung der Buchvorlage: als hätte jemand alle Handlungsstränge und Charaktere genommen, gemischt und zufällig wieder zusammengefügt – zugegeben: mit herausragendem Ergebnis. Bei Herr der Ringe und Tribute von Panem wäre das undenkbar gewesen.
Ikonische Charaktere
Warum? Ganz einfach: das Genre ist entscheidend! Bei Krimis ist die Handlung in der Regel sehr austauschbar. Wer genau wen ermordet hat und warum, das ist völlig egal. Entscheidend ist das Drumherum: der drogenabhängige Kommissar Rath in Babylon Berlin, die Atmosphäre der 30er. Oder genauso die Chemie zwischen Sherlock Holmes und Dr. Watson in der Serie Sherlock. Dass der berühmte Detektiv bei dieser Adaption mal eben über hundert Jahre in die Zukunft versetzt wurde, stört nicht, solange sich die bekannten Charaktere auch so verhalten, wie wir es von ihnen gewöhnt sind.
Das Beste Beispiel dafür ist jedoch James Bond. Er hat eine verschwindend geringe Fangemeinde was Ian Fleming’s Bücher angeht – doch den Filmcharakter kennt jeder. Von den Büchern haben die Filme nur sporadisch Dinge übernommen, was zählt ist der Hauptcharakter mit Pistole und Vorliebe für geschüttelten Martini.
Den Plot eines Krimis für die Verfilmung zu verändern, bietet jedoch nicht nur den Drehbuchautor*innen mehr Freiheit, sondern ist natürlich auch spannender für die Zuschauenden, da sie die Auflösung noch nicht kennen. Bei Krimis habe ich also kein Problem damit, wenn die Handlung grundlegend verändert wird, da sie in der Regel Charakterbasiert sind.
Die heilige Handlung
Doch in anderen Genres, wie High Fantasy, Science-Fiction und Dystopien, kann ich hier eine Faustregel nennen, die meistens zutrifft: jede Änderung stört die Fans der Romanvorlage. Und das ganz einfach aus dem Grund, da diese Genres (und allen voran klassische High-Fantasy) Handlungsbasiert sind. Ob Frodo mit den Riesenadlern nach Mordor fliegt oder ob er zu Fuß geht, ist für Herr der Ringe essenziell, darin besteht der Kern der Geschichte. Im Umkehrschluss sind bei diesen Handlungsbasierten Genres jedoch auch nicht die Charaktere Austauschbar, denn von den Charakteren hängen die Entscheidungen ab, die getroffen werden – zum Beispiel die Entscheidung, den Ring der Macht zu zerstören, oder eben nicht.
Das hat man in der Vergangenheit – auch bei extrem Erfolgreichen Verfilmungen – sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Harry Potter-Filme zum Beispiel, haben sich meist stark an die Handlung der Bücher gehalten, lieferten sich jedoch einige Patzer: in Harry Potter sieben Teil 2, hatte die „Schlacht um Hogwarts“ wenig gemein mit den eher witzigen Szenen in der Buchvorlage.
Früher Abgang
In der Herr der Ringe-Verfilmung von Peter Jackson starb Saruman sehr plötzlich (zumindest in der Extended-Edition), wo er eigentlich am Ende der Bücher noch das Auenland aufmischen sollte. Die sogenannte „Befreiung des Auenlands“, die einen Großteil des letzten Buchs von Herr der Ringe ausmacht, wurde dagegen komplett ausgespart. Zugegeben: die Befreiung des Auenlands war eher eine zusätzliche Handlung – und Sarumans frühes Ableben hat die Haupthandlung von Herr der Ringe nicht weiter beeinflusst. Doch wer die Bücher gelesen hat, dem fallen solche Veränderungen auf.
Zuletzt kann ich also doch noch meine einfache Antwort bringen: eine Buchverfilmung ist dann gut, wenn sie sich so nah am Buch orientiert, wie möglich. Die schwierigere Antwort ist jedoch, dass es stark vom Genre abhängt, auf welche Weise eine Verfilmung die Fans der Buchvorlage zufriedenstellt. Bücher brauchen starke Fangemeinden, dann wird den Drehbuchautor*innen nichts anderes übrig bleiben, als sie zu berücksichtigen.
Verwendetes Bildmaterial: The Lord of the Rings: The Return of the King (2003) ©New Line Cinema